Gespräch mit fiktivem Freund

Ich: jetzt mal im Ernst, wenn ich an der Demo in Berlin teilnehme zeigt das, das ich „rechtsoffen“ bin? Was soll das denn heißen?

Er: Wenn Du solche Menschen um Dich duldest, heißt dass das Du innerlich irgendwie ähnliches rechtes Gedankengut in Dir hast. Sonst würdest Du ja wohl solche Leute nicht um Dich dulden.

Ich: Also ich bin gerade ein wenig ratlos und total empört. Was soll das denn heißen „rechts“. Meinst Du damit faschistisches, totalitäres Gedankengut? Meinst Du damit, ich sei irgendwie gegen die Demokratie? Was soll das heißen „rechts“. Das einzige, was ich sicher weiss, ist das dieses „rechts“ gerade als Totschlag-Argument verwendet wird. Ist diese Bezeichnung erst einmal gefallen, ist damit automatisch jedes Gespräch zu Ende.  Also, was soll das heißen, ich, Franz Josef; sei „rechts“?

Er: Das weißt Du doch selbst ganz genau. Dass Du auf der Demo mit solchen Leuten rumläufst, beweist ja, dass Du „rechtsoffen“ bist.

Ich: Das habe ich ja jetzt verstanden. Aber ich weiss immer noch nicht, was Du mit diesem „rechts“ genau meinst. Denn ich verbinde faschistische, totalitäre, antidemokratische Strukturen breiten sich doch gerade unter unserem Führungspersonal jeder Partei aus. Auch und besonders bei der SPD, bei den Grünen und den Linken. Von CDU und CSU gar nicht zu reden. Die sagen doch schon immer „da wo „rechts“ ist da sind wir!

Er: Genau und außerdem heißt „rechts“ fremdenfeindlich und klimafeindlich.

Ich: Ok, also keine Definition. Oder „rechts“ ist alles, was gerade als „Pfuiba“ vor dem geltenden Narrativ steht.

Er: Wenn Du mit Leuten einer Meinung bist, sonst würdest Du ja wohl nicht mit denen auf derselben Demo gehen, dann bist Du „rechts“

Ich: Wenn diese Menschen mitgehen, weil sie gegen die Aufhebung unserer Grundrechte demonstrieren, sind sie mir absolut habe ich nichts dagegen, im Gegenteil. Ich hätte mich ja gefreut, wenn Du mitgegangen wärest.

Er: Ich bin doch nicht „rechts“

Ich: Du kennst mich seit dreißig Jahren und jetzt bin ich Deiner Meinung nach „rechts“, weil ich an Demonstrationen für Grundrechte teilnehme?

 

Jetzt könnte sich das Gespräch dem „unsichtbaren Elefant“ zu wenden, der die ganze Zeit mitten im Raum steht: dem Virus SarsCov2 und der, von diesem Erreger verursachten Krankheit Covid 19. Aber dieses Gespräch würde an denselben Abwehrstrukturen scheitern. Diese ermüdende Auseinandersetzung spare ich mir in meinem fiktiven Gespräch. Ich bin nicht mal bereit, zu erklären, warum er sich mit seinem angstgesättigten Hirn leider genau so verhalten hat, wie zu erwarten war (diese peinliche Erkenntnis vom Verlust seine autonomen Denkfähigkeit wird ihm auch erst schmerzlich bewusst werden, wenn er eines Tages wieder anfängt eigenständig zu denken).

 

Dieses Mal halte ich nicht die andere Wange hin. Dieses Mal habe ich keine Lust, mich an dem Virus in Deinem Denken abzuarbeiten.

Diesmal zerschlage ich Geschirr:

Also gut. Und ich sage jetzt wirklich, was ich denke, was hier los ist. Ich werde mit Dir weder über offen ausgesprochene Vorwürfe und Behauptungen diskutieren, noch über implizite. Ich werde nicht von meiner Kränkung und auch nicht von meinem Schmerz über den unerwarteten Verlust einer Person reden, der mein Vertrauen galt. Ich habe jede Hoffnung auf eine Annäherung in einem offenen Gespräch aufgegeben. Damit meine ich übrigens ein Gespräch, dass ich für jederzeit möglich gehalten habe unter Freunden, ja, dass ich geradezu als Ausdruck von Freundschaft angesehen habe. Leider geht das nicht mehr.

Also dann: Wenn man Angst hat führt das zu körperlichen und psychischen Reaktionen. Die vermehrt produzierten Cortisole haben einen sehr nachteiligen Effekt auf den Hippocampus. Deine Merk- und Gedächtnisfähigkeit nimmt Schaden. Wegen des andauernden Stresses chronifiziert sich das. Die Überproduktion von Cortisol wird zum Dauerzustand. Es ist zu befürchten, dass dein Gedächtnis schon gelitten hat. Anders kann ich nicht verstehen, dass Du Dich nicht mehr an die zahllosen Gelegenheiten erinnerst, bei denen wir in den vergangenen dreißig Jahren die Positionen von Parteien wie der AfD kritisiert haben und über deren undemokratisches Gehabe geschimpft haben. Im Zentrum unserer gemeinsamen Kritik stand immer deren Ablehnung unseres Grundgesetzes. Hast Du wohl vergessen!

Wie bei einem Großteil der Menschen auf diesem Planeten ist auch Deine Amygdala außer Rand und Band. Ich nenne das eine pathogene, funktionelle Hypertrophie der Amygdala. Damit hat diese für Angst und Bedrohung zuständige Struktur die Kontrolle über unseren Präfrontalen Cortex übernommen. Sie lässt kaum noch einen vernünftigen Gedanken zu. Die einzigen Gedanken, die sich im Moment noch gebetsmühlenartig wiederholen, drehen sich um Gefahr, Bedrohung, Flucht und Schutz vor dem Übel: und natürlich um die Überlegung, wie man die Gefahr loswerden kann. Wenn ich also gegen die Einschränkung unserer Freiheitsrechte protestiere, dann werde ich für Dein Cortisol und Amygdala beherrschtes Bewusstsein zum Feind. Du greifst mich an.

Sorry! Aber das heißt leider gleichzeitig: Du verblödest, denn die Amygdala blockt die Vernunft. Siehst Du? Schon kann man ganz leicht verstehen, warum Du keine zwei Zahlen mehr miteinander vergleichen kannst und warum Du jeden Unfug und Betrug schluckst.

Im Moment sehe ich keine Möglichkeit mehr für ein Gespräch oder eine Annäherung überhaupt. Ich kann nichts machen, das sehe ich ein. Ich wünsche Dir, was auch immer notwendig ist, damit Du wieder anfängst zu denken. Dann kannst Du Dich melden. Im Moment muss ich aber ehrlich sagen, dass ich nicht weiss, ob ich da sein werde.

 

Solche schmerzlichen Erfahrungen sind leider nicht selten.

In Wirklichkeit bleibe ich stets offen und gesprächsbereit.

Aber das musste mal raus.