12. August 2020 – von Jeffrey Tucker
Warum soll man sich überhaupt Pressekonferenzen und Informationsveranstaltungen von Politikern zu COVID-19 ansehen? Sie sind einfach nur erschütternd. Diese Leute scheinen einfach nicht zu verstehen, dass das Virus nicht auf sie hören will. Sie ersinnen und erlassen immer wieder seltsame und willkürliche Regeln, die sich von Tag zu Tag ändern und denen allen gemein ist, dass sie mit Einschüchterung und Zwang durchgesetzt werden. Sie geben eine lächerliche Figur ab, indem sie so tun, als hätten ihre Erlasse dieses Virus unter Kontrolle, was eindeutig nicht der Fall ist.
Noch schlimmer, und was mich bis ins Mark erschüttert, ist das seltsame Fehlen
normaler menschlicher Gefühlsregungen bei ihren öffentlichen Auftritten. Im
Angesicht von großer Unsicherheit sollte man doch in der täglichen Kommunikation mit seinen Mitmenschen annehmen, dass es ein gewisses Eingeständnis der Möglichkeit gibt, falsch zu liegen, Fehler zu machen, nicht alles zu Wissen, die Grenzen des eigenen Wissens bei den eigenen Entscheidungen einzugestehen oder auf das mit dem schwierigen Regierungshandeln verursachte Leid einzugehen.
Man sieht und hört aber nichts davon in den Verlautbarungen dieser Regierungsvertreter. Trotz aller Beweise des Gegenteils tun sie so, als hätten sie alles unter Kontrolle. Sie geben keinen Fehler zu. Sie geben kein Unwissen zu. Sie starren direkt in die Kameras und erlassen Verordnungen, ohne sich für all die Leben zu entschuldigen, die sie ruiniert haben und weiterhin ruinieren. Sie reden von oben herab mit uns. Herablassung in jedem Wort.
Sie können sich hier gerne so einen typischen Fall ansehen, aber das ist nicht nötig, da Sie genau wissen, wovon ich spreche.
Wir reden nicht so miteinander. Stattdessen teilen wir uns gegenseitig mit, wie sich unser Leben verändert hat. Wir schildern uns gegenseitig unser Leid und die Verzweiflung darüber, wie zerrissen wir uns fühlen, wie wir von unseren Lieben getrennt wurden, wie das Einfrieren des gesellschaftlichen Lebens uns an dunkle Orte geführt hat, wie eingesperrt wir uns fühlen. Wir sorgen uns um unsere Finanzen, unsere Lieben, unsere ganze Zukunft. Wir sind erstaunt, wie schnell und radikal uns unsere Freiheiten genommen wurden. Und indem wir diese Geschichten miteinander teilen, lernen wir von einander und fühlen uns vielleicht ein bisschen weniger verletzlich. Kurz gesagt, wir haben Mitgefühl und Einfühlungsvermögen. Diese Politiker dagegen zeigen keine solcher Regungen. Sie haben glasige Augen, die kaltblütige Gleichgültigkeit erkennen lassen. Schlimmer noch, sie wirken regungslos, wie Generäle, die Truppen in die Schlacht schicken, von denen sie mit Sicherheit wissen, dass viele von ihnen sterben werden.
Sie sprechen so gut wie nie mit menschlichen Worten über ihr Handeln. Sie sprechen über Daten, Einschränkungen, Infektionsentwicklungen, Krankenhausaufenthalte und Tod, aber nicht so, als ob irgendetwas davon echte Menschen betrift oder Leid und Kosten verursacht. Sie geben Sicherheit vor, die sie nicht haben.
Adam Smith erklärte Mitgefühl als ein Merkmal der menschlichen Persönlichkeit. „Da wir keine unmittelbare Möglichkeit haben zu erfahren, was andere wirklich fühlen“, schrieb er, „können wir uns keine Vorstellung davon machen, wie sie von etwas beeinflusst werden, aber wir können uns vorstellen, wie wir uns in der Situation fühlen würden... Durch diese Vorstellung, versetzen wir uns in ihre Situation, wir stellen uns vor, dass wir dieselben Qualen ertragen... und werden in gewissem Maße eins mit dem anderen.“
So ist das wirkliche Leben. Aber das gegenwärtige politische Leben scheint zu versuchen, dieses urmenschliche Gefühl zu verbannen. Es ist, als würden Politiker ein Videospiel mit uns allen spielen und wir sind nur Figuren auf einem Bildschirm, die so programmiert sind, dass sie das tun, was sie wollen. Sie haben es nicht nötig, uns zu verstehen, geschweige denn, sich Sorgen über das Leid zu machen, das sie verursachen. Denn gleich Figuren auf einem Spielbildschirm fühlen wir schließlich überhaupt keine Schmerzen.
Und so hat es sich auch in den Medien eingebürgert, über diese Tragödie zu berichten. Es sind Zahlen, Diagramme und Trends. Alle äußerst alarmierend und immer mit der gleichen Schlussfolgerung: Die politische Klasse muss uns mehr Beschränkungen auferlegen, damit dieses Virus verschwindet. Wir sitzen hilflos da und beobachten all dies Tag für Tag. Erstaunt, dass unsere Regeln und Gesetze für das, was sich vor unseren Augen abspielt, so durchlässig sein können.
Die innere Kluft zwischen Herrschern und Regierten war in der jüngeren Vergangenheit nie größer. Es scheint völlig unhaltbar. Es ist, als würden sie nicht einmal versuchen, mit den Menschen in Verbindung zu treten.
Politiker sind schon in normalen Zeiten keine großen Vorbilder, aber sie scheinen schlimmer als je zuvor geworden zu sein. Sie werfen Gesetze, Tradition und Moral über den Haufen und erwecken gar nicht mehr den Anschein, als ob sie sich darum kümmern, wie das Herunterfahren des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens so viele Leben zerstört hat.
Die Frage ist das ‚Warum‘. Hier ist mein Versuch einer Antwort. Die Lockdowns basieren alle auf einer unplausiblen Annahme, dass Viren – ganz wie Menschen – durch Zwang kontrolliert werden können. Aber das können sie nicht. Und es ist kaum überraschend, dass beinahe täglich weitere Belege auftauchen, dass alle ihre Maßnahmen wirkungslos sind.
Nachstehend finden Sie eine Darstellung, in der die COVID-19-Todesfälle pro Million in verschiedenen Länder mit einem Index von staatlichen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung der Universität Oxford verglichen werden. Wenn Lockdowns eine Wirkung hätten, sollte man hier eine gewisse Vorhersagekraft erwarten. Je mehr das gesellschaftliche Leben heruntergefahren wird, desto mehr Leben können gerettet werden. Die Länder, in den ein Lockdown verhängt worden ist, könnten zumindest behaupten, das Leben ihrer Bürger geschützt zu haben. Was man stattdessen sieht, ist: nichts. Es gibt keinen Zusammenhang. Da ist das Virus. Da gibt es Lockdowns. Die beiden scheinen als unabhängige Variablen einander nicht zu beeinflussen.