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Kommentar auf telepolis Artikel

…man weiss es, oder eben nicht…

In einem Text, in dem sich Hannah Arendt mit Politikern beschäftigt hat, unterschied sie zwischen Lügnern und Verlogenen. Die Lügner wissen noch, dass sie Lügen. In gewisser Weise sind diese Menschen in einem fortgesetzten Kampf mit sich selbst und den Opfern ihrer Lügen. Es verlangt sie nach Legitimation und Selbstrechtfertigung. Sie lügen mit Grund! Bei der Begründung ihres Lügens spielt Selbstbetrug eine grosse Rolle. Skrupellosigkeit hilft. 

Das alltägliche, "professionelle" Lügen verlangt die Fähigkeit, das Gefühl von Scham zu verdrängen. Der innerseelische Druck ist hoch.

Der Verlogene hingegen weiss gar nicht mehr, dass er lügt. Er ist nur noch Ausübung als Erscheinung der Verlogenheit. Er wird gewissermassen selber zum Teil des Narrativs. 

Immerhin befreit ihn das von der höchst lästigen Last der Scham und erspart Gewissenskonflikte. 

Man begegnet Lügnern und Verlogenen nicht nur bei Politikern, sondern auch bei Autoren, den Medien generell und natürlich zuletzt auch bei den Konsumenten der Lügen selber. 

Beim Verlogenen kann sich eine Chance für eine Rückkehr zur Wahrheit nur durch einen korrigierenden Impuls von Außen ergeben. Der Lügner muss sich selbst korrigieren. Der Schmerz von Scham und Reue sind eine Herausforderung.

Leider lässt sich die Rückkehr zur Wahrheit nur selten beobachten.