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Erfahrung und Wahrnehmung 2

Für mich zeigt sich die Kernaussage aller Erkenntniskritik in dem Satz

 

„was du glaubst, das siehst Du…!"

 

Mit „glauben“ meine ich, relevante Sachverhalte ohne gewissenhafte Überprüfung zu übernehmen. Das machen wir ständig und hat sich oft bewährt. Meistens ist es ja auch gar nicht nötig alles genau zu untersuchen.

Aber wir schrecken vor JEDER Schlange zurück, auch wenn wir gelernt haben, dass die weitaus meisten Schlangen ungiftig sind. Das machen wir, weil wir eben auf einen ersten Eindruck hin, oft nicht entscheiden können, ob einer Situation mehr Aufmerksamkeit gegeben werden muss. Aber wenn sie unser Leben betrifft, ist das immer der Fall.

Allerdings kommen wir den Tatsachen nicht dadurch näher, daß wir sie gewissermassen unter dem Mikroskop untersuchen. Es genügt nicht, nur genauer hinzuschauen. Denn das heisst gemäß der Regel "was du glaubst, das siehst du" nur, dass wir unsere Glaubenssätze in höherer Auflösung sehen.

Eine vorurteilsfreie, von Glaubenssätzen und Ideologien freie Untersuchung war immer die erklärte Aufgabe der Wissenschaft. Aber ich fürchte, wir sind im Postwissenschaftszeitalter angekommen. Immer öfter werden uns Aussagen präsentiert, deren Beweiskraft darin liegt, dass uns zum Beispiel gesagt wird, alle seriösen Wissenschaftler sähen das so und so jeder, der es anders sehe, irre oder vertrete eine Verschwörungstheorie.

Die offizielle Klimaforschung verstieg sich unlängst in den Satz, das Thema Klima „sei durch“, man verfüge über unwiderlegbare Daten. Das heisst aber, die Wissenschaft ist abgeschlossen.

Die grundsätzliche Offenheit für eine Revision alten Wissens ist aber ein fundamentales Element der Naturwissenschaft. Darin liegt die von Karl Popper geforderte „Falsifizierbarkeit“ als notwendige Bedingung aller Naturwissenschaft.

Deshalb spreche ich vom postwissenschaftlichen Zeitalter.

In endlosen Wiederholungen wird uns eingebleut, man müsse den Experten glauben, bestimmte Medien seien unbedingt glaubwürdig. Es gebe eine Wahrheit und man verfüge über sie. Es ist grauenvoll zu sehen, wie wirksam die Methode der Wiederholung ist!

 

Deshalb: Gerade heute ist es wichtig, stets mehrere Quellen zu befragen, unterschiedliche Meinungen, Positionen zu einem Thema genau anzuschauen. Suchen sie nach widersprechenden Aussagen. Suchen Sie nicht nur nach einer Bestätigung ihrer Meinung (ihrer Glaubenssätze), sondern versuchen Sie diese aktiv im Sinne Poppers zu falsifizieren. Fragen Sie sich: „qui bono“, wem nützt es und wozu? Wir müssen unbedingt die Aussagen prüfen, die Einfluß auf unser Leben haben. Wenden sie rechtschaffene Sorgfalt an, lassen Sie sich nicht mit einem „das ist so“, das berichtete doch die Tagesschau oder Professor XY ist davon überzeugt, abspeisen.

Denn nur, wenn wir wachsam und kritisch sind, dann können wir zuletzt zu einem eigenen, belastbaren Urteil kommen. Nun brauchen wir nur noch den Mut, zu unserer Auffassung zu stehen und uns gleichzeitig selbst aufmerksam im Blick zu behalten.

 

 

Andernfalls werden wir bei unseren Instinkten und Reflexen gepackt, wie es heute leider bei vielen Menschen geschieht. Nicht nur werden wir dadurch zum angstvoll blökenden Herdenvieh, das nach dem strengen Griff seines Hirten verlangt (und den bekommt es dann garantiert zu spüren), sondern im Ende verlieren wir auch noch unsere Würde.